Mittwoch, 17. Juni 2009

Eine schlechte Zeit und das ganz ohne Nougat!

Wieder mal eine Umweltrettungsaktion, die so erfolgreich am Ziel vorbeischießt, wie jede Aktion, bei der der Bock zum Gärtner gemacht wird. "CBM" ist die modische und furchtbar wichtig klingende Abkürzung für den Handel mit Abgaszertifikaten, gern auch mal "Verschmutzungsrechte" tituliert.

Große Unternehmen müssen nämlich seit einiger Zeit Geld dafür bezahlen, dass sie so wunderbar unsere Atmosphäre mit klimawirksamen Gasen füllen können, um es vorsichtig auszudrücken. Diese Zertifikate sind in unseren Breiten recht teuer, was die Konzerne dazu bewegt, sich ihre Zertifikate in der dritten Welt zu holen (wo auch sonst). Wenn sie dann auch noch "gemeinnützige" Projekte starten, erhalten sie in unseren Landen "Freibeträge", die sie kostenlos in die Luft blasen dürfen.

RWE, ein ebenso großer wie berüchtigter Energiekonzern, hat sich z.B. in seiner Großmut dazu herabgelassen, den schicksalsgebeutelten Indern ihre Glühbirnen kostenlos gegen Energiesparlampen umzutauschen. Ein Beauftragter und überzeugter RWEler wurde sogar zur Überprüfung der Vorgänge nach Indien entsandt. Von 300.000 Energiesparlampen sind, nach Stand der Dokumentation, die mich zu diesem Eintrag inspiriert hat, sage und schreibe ganze acht, in Zahlen 8(!) Energiesparlampen in indischen Armenhaushalten gelandet, wofür sich die indische Bevölkerung natürlich auch noch artig bedanken durfte.

Noch besser haben es die Bewohner des kleinen Städtchens, das den bezeichnenden Rekord als dreckigste Stadt Indiens hält:
Mehrere alte Eisenhüttenwerke, die ohne das CBM-Projekt bereits abgerissen worden wären, werden mit Hilfe dieses Projektes wieder rentabel und schleudern weiterhin Staub in die Luft, der die umliegenden Felder der Anwohner schwarz verfärbt und ihre Atemwege angreift. Zu arm, um beachtet zu werden, müssen die Menschen auch noch genau in diesen Werken arbeiten, um überhaupt überleben zu können. Die Regierung tut nichts für diese Menschen, während sich der eingangserwähnte RWEler auch noch hinstellt und sagt, dass CBM-Projekt sei zunächst ein Projekt des Klimaschutzes, bei dem es nicht darauf ankomme, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, sondern das Klima zu verbessern. Dem sei es schließlich egal, ob in den Entwicklungsländern oder Industrienationen CO2 eingespart werde. Klimaschützer bemängeln aber bereits das, das Projekt spare in keiner Weise CO2 ein, sondern schichte es lediglich um.

Der RWEler legte übrigens besonderen Wert darauf, dass das englische Wort "allowence" mit Zertifikat und nicht Recht übersetzt werde, weil es sich schließlich um ein "Abgaszertifikat" und nicht "Verschmutzungsrecht" handele. Seiner Auffassung nach, sei ein Verschmutzungsrecht für Schmutz oder Dreck und CO2 sei ja offensichtlich kein Schmutz, sondern lediglich ein Gas, das jeder einatme.
Mittlerweile gibt es regelrechte CBM-Börsen auf denen sich die Entwicklungsländer und ihre "Zertifkat"-Preise vorstellen, wobei sie noch gegeneinander um die Gunst der großen Konzerne buhlen müssen.

Wieder einmal haben wir die Situation, dass die Entwicklungsländer ihr letztes Hemd, sofern sie noch eins besitzen, geben müssen, um auch nur ein wenig Zuwendung der reichen, fetten Industrienationen zu bekommen, die sich dann auch noch solche Aussagen, wie sie sich der RWE-Abgesandte geleistet hat, leisten. So etwas lässt mich stark am Guten im Menschen zweifeln. Besonders wenn sich dann auch noch herausstellt, dass in den zuständigen Behörden für das CBM-Projekt vor allem die großen Energieversorger und andere Unternehmen den Ton angeben. Wieder mal haben wir eine Idee, die so gut gemeint war und so seltsame Früchte trägt, dass sie mehr Schaden anrichtet, als sie Nutzen bringt. Ein Projekt zur Verbesserung des Weltklimas wird zu einem Markt, auf dem es nur um den größten Gewinn bei kleinstmöglichen Ausgaben geht.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich halte den Handel mit diesen Umweltlizenzen einfach nicht für sinnvoll. Manche Dinge dürften nicht wie Ware gehandelt werden, weil diese Güter einfach mehr Wert sind als jeweils Angebot und Nachfrage bestimmen. Klar ist, dass der kostenlose Verbrauch vom "Umwelt" bei Unternehmen aufhören muss. "Umwelt" muss als Kostengröße in die Buchhaltung der Unternehmen. Ich plädiere für ne einfache Pigou-Steuer, der Art nach wie unsere sogenannte Ökosteuer ...