Donnerstag, 22. Juli 2010

Atomkraft? Nein,...Nein!

Vor etwas mehr als einer Woche gab es eine Reportage der Frontal21-Redaktion zum Thema Atomkraftwerke in Deutschland und der händeringend beschworenen Laufzeitverlängerung der schwarz-gelben Koalition... (Haben sie die Mehrdeutigkeit bemerkt? Sehr gut.) So sehr ich auch mit der Position der Sendung übereinstimme, so sehr stieß mich die Art und Weise ab, wie diese präsentiert wurde.

Ich gebe mich nach wie vor der Illusion hin, Journalismus, egal welches Mediums er sich bedient, sollte sowohl informativ als auch neutral sein. Besondere Hoffnungen hatte ich an dieser Stelle immer in die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten gesetzt. Wer, wenn nicht sie, sollte die Fahne des Qualitätsjournalismus hochhalten und ihre Zuschauer mit akribisch recherchierten und objektiv dargestellten Berichten versorgen? Mit Erschrecken stelle ich jedoch immer wieder fest, dass sich ein Trend in der deutschen Medienlandschaft abzeichnet, der von den "Privaten" auch auf die "Öffentlich-Rechtlichen" übergesprungen zu sein scheint.

Zunächst waren die sog. "Nachrichtensender" betroffen. Deren Programm beschränkte sich zuerst einmal auf Nachrichten, wie schon der Name vermuten lässt, allerdings bieten sie dem geneigten Zuschauer auch eine Auswahl an Reportagen, die die Wartezeit bis zur nächsten Nachrichtensendung überbrücken. Seit ich diese Sender kenne, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ein gewisses Faible für den "American Way of Berichterstattung" hegen. Da ist die Aufmachung des Studios: Alles erweckt den Anschein von reger Informationsakquise oder aber von allumfassender High-Tech-Ausrüstung oder beides zur selben Zeit. Hinzu kommen die zwei bis drei Nachrichtensprecher, die mit merkwürdigen Zwischenkommentaren die Nachrichten aufzulockern versuchen(?). Noch wichtiger aber sind die ständig laufenden "News-Ticker", die früher Laufschrift hießen und einen ständig mit denselben Schlagzeilen berieseln.

Auch das Design der Reportagen erinnert an amerikanische Vorbilder, ja klar, mag jetzt mancher sagen, schließlich werden sie auch aus den USA importiert. Wenn man lange genug auf solchen Sendern verweilt, stellt sich einem unwillkürlich die Frage, ob die Amerikaner sich tatsächlich nur für's Militär, Riesenbaumaschinen und "Killerhaie" interessieren. Gut, diese Frage muss sich der geneigte Leser selbst beantworten. Zurück zum eigentlichen Thema. Ein beliebter Kunstgriff dieser Reportagen, mittlerweile eher schon abgegriffen als künstlerisch, ist das, was ich gern als "Steckbriefmethode" bezeichne. Sie ist universell und ist deswegen auch in jeder Reportage einsetzbar. Jeder Panzer, Kampfflieger, Kran, Riesenkipper, Schwarzspitzenriff- oder Tigerhai bekommt bei seinem ersten Auftauchen in der Dokumentation einen Steckbrief verpasst, der vornehmlich über Größen, Gewicht, Vorkommen Auskunft gibt, und darüber hinaus noch eine vierte Kategorie enthält, die je nach Themenbereich einen so schillernden Namen wie "Zerstörungskraft","Hebemasse" oder "Gefährlichkeit" trägt. Der Stekbrief im Allgemeinen und die vierte Kategorie im Besonderen ist dabei mehr oder weniger sinnig bis überflüssig, meiner bescheidenen Meinung nach.

Dass die "Privaten" schon immer die Amerikaner anhimmelten, ist seit Harald Schmidt und seiner Kopie der amerikanischen Late-Night-Show schlechthin nichts Neues, ja man kann ihnen nicht einmal einen echten Vorwurf machen, wenn man bedenkt, dass der Großteil der Bevölkerung und somit auch der Fernsehzuschauer begierig ist, sich amerikanisieren zu lassen. Die "Öffentlich-Rechtlichen" jedoch schienen sich diesem Trend erfolgreich widersetzt zu haben, bisher. Produktionen, wie die oben erwähnte, jedoch scheinen eher der Feder eines "AmericanTV-Fans" entsprungen zu sein, als Fernsehmachern der ersten und zweiten Programme. Wohlgemerkt nicht inhaltlich, sondern formal. Das heikle und wichtige Thema der Atomkraft wurde hier in eine Hülle gesteckt, die es an der nötigen Seriosität mangeln ließ und dem Anliegen wohl eher entgegengestanden haben dürfte, als es zu unterstützen. Merkwürdige Grafikspielereien und eine Vielzahl von Einschüben lockerten die Sendung nicht nur auf, sondern zerissen sie eher in einzelne Schnipsel. Und schließlich sollte auch bei einem Thema wie der Atomkraft nie der Eindruck von Einseitigkeit entstehen. Wer aber ausschließlich Gegner der Atomkraft zu Wort kommen lässt, der muss sich den Vorwurf der Befürworter, ihre Argumente außen vor gelassen zu haben, wohl oder übel gefallen lassen. Der Reportage des ZDFs wäre es, aus meiner Sicht der Dinge, sehr gut bekommen, diese Argumente aufzugreifen und sie direkt den Fakten und Gegenargumenten gegenüberzustellen. So wäre der Eindruck von Neutralität gewahrt geblieben, möglicherweise aber hätte das die vorgesehene Sendezeit überschritten. Und so verpassen die Rundfunkanstalten von ARD und ZDF eine weitere Chance sich deutlich von der Konkurrenz der vollends assimilierten Privaten abzusetzen.

Andererseits hört man dieser Tage auch, dass sogar der Gesetzgeber sich diesbezüglich hat infizieren lassen. So wurde der ARD untersagt, ihr umfangreiches Angebot auf tagesschau.de aufrecht zu erhalten. Die Privatsender setzten sich damit durch, dass ihnen ein erheblicher Nachteil daraus entstehe, wenn ihr Konkurrent auf seiner Seite sich nicht auf Bild- und Videomaterial beschränke, sondern auch Texte(!) verwende. Wer sich nun vor die Stirn schlägt, der teilt das Gefühl, das ich bei solchen Nachrichten hatte.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

und was passiert heute: da schalten diese atomköpfe doch gegen frau merkel eine anzeige. gegen frau merkel. jetzt muss es echt schlimm sein. nur um diese brennelementesteuer zu verhindern. was nehmen die sich eigentlich raus? die glauben, sie seien die regierung ....

Severin hat gesagt…

Sie "glauben"?
Wenn ich schon die Formulierungen höre: "Statt einer verbindlichen Abgabe setzt die Bundesregierung auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Energieversorger."
Da kann man ja auch einem Krokodil das Bein hinhalten und es bitten, nicht hinein zu beißen.