Zugegebenermaßen etwas spät und damit in gewisser Weise schon eine traurige Einsicht, wünsche ich allen, die sich hier hin und wieder hinverirren ein frohes und erfolgreiches Jahr 2014. Das sich erst jetzt wieder etwas hier findet, zeigt leider auch, das meine eignen Vorsätze nicht recht haben fruchten wollen. Denn eigentlich hatte ich vor, schon zum neuen Jahr wieder hier neuen Lesestoff zur Verfügung zu stellen. Ich werde mich bemühen, es in Zukunft nicht an dem dazu nötigen Elan fehlen zu lassen. Hier aber zunächst einmal zum eigentlich Relevanten. Es ist ein altes Drama, dem sich der geneigte Leser wohl
auch selbst schon gegenüber sah: Das Geschenk. Dies ist also nicht
vielmehr als eine weitere persönliche Fußnote zu diesem Problem, in
der sich der eine oder andere wiederzuerkennen sich im Stande finden
dürfte.
Zunächst zum Begriff: Was ist „Geschenk“? Rein
etymologisch betrachtet taucht es im Althochdeutschen als „gift“,
so viel wie Gabe, Belohnung Geschenk, auf und ist in dieser Form ja
auch heute noch, vor allem im Englischen "gift" oder
"give", im Deutschen nur noch in feststehenden Begriffen
(„Mitgift“) vorhanden.
Geht man frei nach Ludwig Wittgensteins Sprachspielen an
die Sache, dann kommt einem das Wort in den verschiedensten Kontexten
unter. Beim späten Wittgenstein ist Sprache ein Spiel mit bestimmten
Regeln und jeder Sprecher ist Mitspieler. Der Einzelne lernt durch
die Beobachtung der Sprecher und erhält einen Eindruck davon, wie
die Regeln sind, wenn er die Reaktion der Mitspieler auf einen Zug
eines Spielers verfolgt, der entweder anerkannt oder kritisiert wird.
Sprache verliert dadurch bei Wittgenstein an der von anderen früheren
Ansätzen vertretenen Normativität und Anspruch, Wirklichkeit
abbilden zu können, weil es schlicht ein menschliches Verhalten
darstellt, zu parlieren.
Schaut man sich nun die Kontexte an, so findet man, dass
solches gesagt wird: „Es ist ein Geschenk“ oder „Packen Sie es
bitte als Geschenk ein“ oder bemerkt manchmal , man wolle „das
nicht einmal geschenkt haben“. Es gibt „Geburtstags-“,
„Weihnachts-“ oder auch „Brautgeschenke“. Man „schenkt“
jemandem „seine Liebe“ oder „sein Vertrauen“. Und dabei wird
schon ersichtlich, dass der Inhalt eines Geschenks völlig
unterschiedlicher Natur sein kann.
Es stellt sich darum aber die Frage: Was zu schenken es
wert ist. Es entscheidet ja offensichtlich weniger der Inhalt als die
Geste und dennoch nicht so sehr, dass sich die Mutter auch beim
zwanzigsten Mal noch über Topflappen oder Lockenwickler freut,
genauso wie der Vater in Anbetracht der Socken oder der Krawatte die
Augen verdreht.
Es sollte also etwas sein, das zugleich die
Wertschätzung für den anderen auszudrücken, zugleich aber auch die
Wertschätzung des anderen einzufangen vermag. Ein Buch? Immer gut.
Vor allem aus des Germanisten Sicht. Eines das schon der eigenen
Qualitätskontrolle unterzogen worden ist? Das bewahrt vor der einen
oder anderen bösen Überraschung, aber möglicherweise nicht vor der
entscheidenden, nämlich dass der andere das Geschmacksurteil nicht
teilt.
Eine CD? Prinzipiell dasselbe Problem, wobei hier ein
Weniger an Unsicherheit im Geschmack mit einerm Mehr an Unsicherheit
über den Bestand des Beschenkten tauscht.
Ohnehin scheint noch wichtiger aber die Originalität.
Denn je besser, um es sprachtheoretisch zu formulieren,
„Selbstoffenbarung“ mit „Appell“ verbunden sind, desto eher
scheint sich der gewünschte Effekt einzustellen. Geld und mit
solchem erworbenen Gütern haftet in diesem Zusammenhang immer ein
gewisses Stigma an. Genauso schief aber würden die Blicke, wenn die
selbstgemalten Bilder, die in Kindertagen so wohlwollend aufgenommen
werden, ganz gleich sich wohl bei mir auch damals schon abgezeichnet
haben muss, dass daraus nie ein Picasso werde, wieder zum Einsatz
kämen.
Also was tun, sprach Zeus und klingt dabei so ratlos,
obgleich ihm noch die geballte Macht der griechischen Gottheit zur
Verfügung stand. Einige laufen im letzten Moment in den Laden und
greifen das Nächstbeste aus dem Regal. Andere, hartgesottenere
Gemüter sind in der Lage, einige sogar ohne mit der Wimper zu
zucken, weiterzureichen, was sich in ihrem Besitz befand, ob nun
durch Eigenerwerb oder schon da Geschenk. Die einzig zulässige
Situation scheint aber zu sein, dass es sich dabei um etwas handelte,
was ihnen selbst am Herzen hing. Da überwiegt klar der Anteil
„Selbstoffenbarung“ und mit ein wenig Gespür für den Gegenüber
können dies sogar echte Sympathieträger werden. Die absoluten
Hardliner schließlich verschenken den mittlerweile sprichwörtlichen
„Zehner im Umschlach“, wobei sich schon in der saloppen
Aussprache die gleichartige Einstellung zur Sache insgesamt
vollständig auszudrücken vermag.
Der entscheidende Gedanke, wie immer zum Schluss: Ein
Geschenk ist ein zutiefst zweiseitiges, denn der Schenker kann, das
„richtige“ Geschenk vorausgesetzt, nicht nur dem Beschenkten,
sondern auch sich selbst eine große Freude damit machen. Und das ist
letztlich das höchste Ziel.