Es war kalt, soviel ließ sich mit Sicherheit sagen.
Grau war es, ja, auch das ließ sich schlecht leugnen. Es regnete
zwar nicht, aber der Niederschlag zeichnete sich dafür umso
deutlicher auf den Gesichtern der Passanten ab. Die plötzliche
Unbeweglichkeit stand in krassem Gegensatz zu deren Eile. Schlichte
Unbeweglichkeit. Monotone Starre. Unumstößliche Ruhe. Ein tiefer
Atemzug in morgendlicher Atemlosigkeit. Niemand wollte verweilen,
obgleich sie die einzig einladende Geste in dieser Unwirtlichkeit
war. Noch dazu war es früh und jeder versuchte, so wenig Zeit wie
irgendmöglich draußen zu verbringen. Jeder hastete von einem
beheizten Raum zum nächsten. Sie aber nicht. Sie stand dort. Bereits
seit zwei Stunden, ja, kaum dass die Sonne hinter der Wolkendecke zu
erahnen war, konnte man ihre Umrisse dort wahrnehmen. Das Podest
schmucklos. Dort an dem ewig gleichen Platz. Keine Inschrift, die zum
verweilen einlud. Zwischen angespannten Mienen, allein ihre Züge
ebenmäßig und glatt mit einem goldenen Schein darauf. Das Einzige,
was an Wärme erinnert in dieser diesigen Luft. Noch ein Atemzug voll
kühler Luft füllte die Lungen. Unbeteiligt starrte sie geradeaus.
Keiner schien sie wahrzunehmen, so wie sie niemanden eines Blickes
würdigte. Und dann doch eine Bewegung: Eine einzelne Münze, die so
scheint es, laut durch die Luft wirbelt, bevor sie in einem Hut
landet. Und dann bewegt auch sie sich. Eine fließende Bewegung, die
man zuvor nicht für möglich gehalten hat. Eine Verbeugung und ein
höflich gehobener Hut. Eine ebenso elegante Bewegung und der Körper
erstarrt wieder. Der Blick wird starr. Die lebende Statue
entschwindet aus der Welt der Lebenden. Ein Denkmal schlichter
Unbeweglichkeit bis jemand von ihr Notiz nimmt. An diesem Morgen, an
dem keiner draußen sein will. Es wird kalt.
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